Goldpreis quo vadis? Drei mögliche Szenarien
Aktuelles Arnulf Hinkel, Finanzjournalist – 18.03.2021
Die kürzlich erschienene fünfte, aktualisierte und erweiterte Auflage der Mercer-Studie „Gold als Anlageklasse für institutionelle Investoren“ beschäftigt sich erstmals mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Goldnachfrage. Die Studie stellt fest, dass die Nachfrage 2020 nicht nur insgesamt gesunken ist, sondern sich auch verschoben hat: Während die Schmucknachfrage um 700 Tonnen sank, stieg gleichzeitig die Nachfrage nach ETFs/ETCs weltweit um knapp 500 Tonnen. Die Studie bestätigt somit die Rolle von Gold als Wertspeicher und sicherer Hafen einmal mehr und stellt als Auswirkung der Pandemie zeitweise aufkommende Zweifel am globalen Währungs- und Wirtschaftssystem in den Mittelpunkt dreier Szenarien für die weitere Goldpreisentwicklung.
Rezession und Inflation bestätigen die Zweifel der Anleger
Ausgelöst durch die Corona-Pandemie kommt es weltweit zu einer signifikanten Wirtschaftskrise; die anhaltende Politik des lockeren Geldes vieler Staaten führt zu Stagflation respektive Inflation. Gold würde in einem solchen Szenario als Inflationsschutz den Fiatwährungen vorgezogen und dementsprechend an Wert gewinnen. Eine abgemilderte Form dieses Szenarios stellt das zweite Szenario dar, nach dem gewisse Zweifel am globalen Wirtschaftssystem mittelfristig bestehen bleiben, die große Rezession jedoch ausbleibt. In diesem Fall würde der Goldpreis nur kurzfristig steigen, mittelfristig jedoch auf dem Niveau von etwas unter 1.800 US$ pro Unze verharren.
Wachsende Weltwirtschaft wiederlegt Zweifel der Anleger
Sollten sich weltweit die Volkswirtschaften relativ schnell von den Folgen der Corona-Pandemie erholen, bestünde die Gefahr eines raschen Goldpreisverfalls, da das Edelmetall in diesem dritten Szenario weitgehend auf seine Rohstoffunktion reduziert würde, d.h. Gold würde primär zur Schmuckherstellung und für industrielle Zwecke genutzt. Die Verfasser der Studie halten alle drei Szenarien für plausibel, möchten jedoch keine Eintrittswahrscheinlichkeiten zuordnen. Auch berücksichtigen die drei Szenarien natürlich nicht zukünftige geopolitische oder konjunkturelle Entwicklungen bzw. Krisen, sondern beschränken sich auf die Auswirkungen der Pandemie.