Fester Dollar und Kapitalmarktzinsen belasten Gold
Marktkommentar Michael Blumenroth – 13.05.2022
Wöchentlicher Marktbericht
Nachdem die Goldpreise lange dem Renditeanstieg trotzen konnten, erwischte es sie in den letzten Tagen dann doch. Der Anstieg auf 3,20 Prozent für zehnjährige US-Staatsanleihen bzw. 1,18 Prozent für zehnjährige Bundesanleihen war einfach zu viel. Schließlich werden Staatsanleihen ebenso wie Gold als „sicherer Hafen“ betrachtet, und je höher die Renditen der Anleihen sind, desto attraktiver werden diese im Vergleich zu Gold, das weder Zins noch Dividende zahlt.
Physisches Gold: Nachfrage-Rückgang im ersten Quartal 2022
Ein weiterer Grund für den Rücksetzer der Goldpreise auf ein Drei-Monatstief ist die Stärke des US-Dollars, der gegenüber den anderen neun G10-Währungen auf das höchste Niveau seit 2002 (!) gestiegen ist. Der Euro sank gestern erstmals seit fünf Jahren kurzzeitig unter die Marke von 1,04 zum US-Dollar. Gold verteuert sich somit für Anleger außerhalb der USA. Bereits im ersten Quartal entwickelte sich deshalb die Nachfrage nach physischem Gold, insbesondere in China und Indien, schwächer als im Vorjahr.
Inflation noch höher als erwartet
Gestützt wird der Goldpreis weiterhin von den Unsicherheiten an den Märkten, nicht zuletzt aufgrund der Geopolitik. Zudem überraschten im Verlauf dieser Woche die Inflationsdaten erneut. Nicht nur in den USA, sondern in sämtlichen elf Emerging Markets-Ländern, die in dieser Woche Inflationsdaten veröffentlichten, waren diese höher als von Analysten zuvor im Median erwartet. In vielen Ländern scheint der Höhepunkt der Verbraucherpreisansteige noch nicht erreicht zu sein, obwohl gerade die Notenbanken vieler Schwellenländer bereits 2021 durchaus beherzt in den Zinserhöhungszyklus eingestiegen sind. Die andauernden Lockdowns in China verstärken zudem Lieferkettenprobleme, die weiterhin inflationstreibend wirken dürften.
Gold in US-Dollar
Der Goldpreis notierte am Freitag vor drei Wochen morgens bei 1.953 US$ pro Unze. Bis zum Mittwoch dieser Woche fiel er auf ein Drei-Monatstief bei 1.832. Hier kamen zunächst „Schnäppchenjäger“ in den Markt, sodass Gold gestern nochmal auf rund 1.860 kletterte. Der erneute Anstieg des US-Dollars bremste die Erholung jedoch wieder aus, und Gold rutschte heute Nacht bis auf ein neues Drei-Monatstief bei 1.811 ab. Heute Morgen um 7 Uhr wird Gold etwas erholt bei 1.826 US$ pro Unze umgesetzt.
Xetra-Gold: schwacher Euro dämpft Verluste
Der Xetra-Gold-Preis profitierte hingegen vom schwachen Kurs des Euro, sodass hier der Kurssturz relativ betrachtet etwas geringer ausfiel. Handelte Xetra-Gold am Freitag vor drei Wochen noch bei 57,95 € pro Gramm, stieg es zunächst am letzten Handelstag im April auf 58,50. Anschließend sank es während der üblichen Handelszeiten bis auf 56,15 am Mittwoch dieser Woche. Heute Morgen dürfte Xetra-Gold (Stand 7 Uhr) ungefähr bei 56,50 € je Gramm notieren.
Die Entwicklung der Goldpreise dürfte weiterhin von der Entwicklung der Renditen und des US-Dollar-Kurses abhängen. Anscheinend hat der Greenback momentan einen Lauf, der auf den Notierungen des edlen Metalls lastet.
Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich ein vorsommerlich schönes Wochenende.