Deutsche Privatanleger im „Goldrausch“
Aktuelles Arnulf Hinkel, Finanzjournalist – 01.09.2021
Ein Grund für die Leidenschaft der Deutschen für Gold ist möglicherweise das im internationalen Vergleich das etwas stärker ausgeprägte risikoaverse Anlageverhalten. Ganz sicher aber spielt auch die Minuszinspolitik der Europäischen Zentralbank eine Rolle, die in letzter Zeit auch immer mehr von Banken und Sparkassen hinsichtlich der Geldeinlagen ihrer Privatkunden ab einer bestimmten Höhe übernommen wird.
Erstes Halbjahr 2021: höchste Goldnachfrage seit 10 Jahren
Mehr als 90 Tonnen Gold haben die Deutschen nach aktuellen Angaben des World Gold Council in den ersten sechs Monaten dieses Jahres gekauft. Damit sind sie in Europa Spitzenreiter, mit einigem Abstand gefolgt von der Schweiz und Österreich. Aber auch im Vergleich zu anderen Ländern kann sich der Goldhunger deutscher Privatanleger sehen lassen: Im gleichen Zeitraum kauften US-Privatanleger nur 61 Tonnen Gold, was bereits eine Steigerung von 54 Prozent gegenüber dem zweiten Halbjahr 2020 darstellte. Lediglich in China wurde im ersten Halbjahr 2021 noch mehr Gold gekauft als in Deutschland, nämlich 145 Tonnen.
Auch mit Gold hinterlegte ETCs sind stark nachgefragt
Von Jahresbeginn bis 20. August 2021 wurde die Top Ten der weltweit meistgehandelten Goldfonds und börsengehandelten Rohstoffe mit Gold-Hinterlegung von drei deutschen ETCs angeführt. Der Bestand von Xetra-Gold wuchs in diesem Zeitraum um 9,7 Prozent auf aktuell mehr als 239 Tonnen an. Dass Gold – ganz gleich ob in physischer oder Wertpapierform – in Deutschland so stark nachgefragt wird, liegt an der Inflationsangst der Privatanleger, die sich in der Zwischenzeit als durchaus gerechtfertigt erwiesen hat: Aktuell beträgt die Teuerungsrate in Deutschland 3,9 Prozent und ist damit so hoch wie seit 28 Jahren nicht mehr. Experten halten einen weiteren Anstieg der Inflation bis auf 5 Prozent zum Jahresende für möglich, wodurch die Nachfrage nach Gold als bewährter Inflationsschutz tendenziell weiter angeregt werden dürfte.
Arnulf Hinkel
Finanzjournalist