Inhaberschuldverschreibung: Chancen und Risiken perfekt ausbalancieren
Goldwissen Arnulf Hinkel, Finanzjournalist – 21.09.2020
Erfahren Sie hier, was Inhaberschuldverschreibungen sind, was Sie beim Handel beachten müssen und wie Sie damit Ihr Portfolio verbessern können.
Beim börslichen Handel mit Wertpapieren denken die meisten Privatanleger an Aktien und Anleihen; in den letzten Jahren vermehrt auch an Zertifikate, Investmentfonds und ETFs (Exchange-Traded Funds, börsengehandelte Indexfonds) sowie ETCs (Exchange-Traded Commodities, börsengehandelte Rohstoffe), die sich immer größerer Beliebtheit erfreuen.
Während Aktien- und Indexfonds auf Aktien basieren, gehören Anleihen, Zertifikate und ETCs zur Gruppe der Inhaberschuldverschreibungen, die Anlegern Zugang zu Märkten ermöglichen, die nicht von Aktien abgedeckt sind – beispielsweise Währungen oder Rohstoffe.
In diesem Artikel möchten wir die grundsätzlichen Charakteristika von Inhaberschuldverschreibungen erklären und die unterschiedlichen Handelsformen und Emittenten vorstellen. Abschließend beleuchten wir die Vor- und Nachteile dieser Investmentform für Anleger und veranschaulichen sie anhand eines Beispiels.
Was ist eine Inhaberschuldverschreibung?
Man nennt sie auch Anleihe, Rentenpapier oder Obligation: Eine Schuldverschreibung ist juristisch gesehen ein Wertpapier, d.h. ein verbrieftes Forderungsrecht des Gläubigers gegenüber z.B. einem Unternehmen oder einem Staat als Schuldner, um dem Schuldner die Möglichkeit zu geben, abseits eines Bankenkredits Finanzmittel zu sammeln. Der Erwerber einer Schuldverschreibung wird i.d.R. nicht – wie z.B. beim Erwerb einer Aktie – Anteilseigner des Ausstellers, sondern seine Rolle beschränkt sich i.d.R. auf die Kreditgeberfunktion. Dafür erhält er in der Regel eine variable oder feste Verzinsung, deren Höhe bzw. Spezifikation genauso wie die Laufzeit des Wertpapiers sowie die Auszahlungsmodalitäten am Ende der Laufzeit genau in den Bedingungen der Schuldverschreibung festgelegt wird. Man unterscheidet grundsätzlich zwei Arten von Schuldverschreibungen: Namensschuldverschreibungen und Inhaberschuldverschreibungen. Beide sind Wertpapiere, aber während erstere auf den Namen des in der Schuldverschreibung benannten Gläubigers ausgestellt sind, sind Inhaberschuldverschreibungen nicht auf einen bestimmten Gläubiger ausgestellt, sondern beliebig übertragbar – der jeweilige Erwerber wird jeweils Inhaber mit allen verbrieften Rechten und Pflichten. Diese Übertragbarkeit ist eine wesentliche Voraussetzung, um einer Schuldverschreibung die nötige Fungibilität zu verleihen, damit sie eine hohe Verkehrsfähigkeit besitzt und an der Börse gehandelt werden kann. Die Verbriefung einer Inhaberschuldverschreibung erfolgt heute meistens in sogenannten Sammelurkunden. Ein Anspruch auf Einzelverbriefung der Wertpapiere wird regelmäßig ausgeschlossen, wodurch die physische Übergabe ebenfalls ausgeschlossen wird. Dies wäre beim Handel an der Börse allerdings auch unpraktisch. Wenn Anleger eine Inhaberschuldverschreibung kaufen, erhalten sie deshalb eine Depotgutschrift, welche die Eigentumsübertragung dokumentiert.
Wer darf Inhaberschuldverschreibungen auflegen?
Als Emittenten von Inhaberschuldverschreibungen können grundsätzlich Staaten, z. B. der Bund in Deutschland, die Bundesländer sowie Unternehmen, z.B. aus den Branchen Kreditwesen, Industrie, Verkehr und Handel, agieren. Öffentliche Inhaberschuldverschreibungen von EU-Mitgliedstaaten, EWR-Vertragsstaaten und z.B. deutschen Bundesländern in Form von Anleihen sind automatisch an jeder deutschen inländischen Börse zum Börsenhandel zugelassen.
Welche Arten von Inhaberschuldverschreibungen werden gehandelt?
Anleger kennen häufig mehr Inhaberschuldverschreibungen, als ihnen bewusst ist: Öffentliche Anleihen, oft auch Staatsobligationen genannt, und Unternehmensanleihen sind in aller Regel Inhaberschuldverschreibungen. Allerdings gibt es hier Ausnahmen von Produkten, die nicht an der Börse handelbar sind. Auch Wandelanleihen, Kassenobligationen, Zertifikate sowie ETCs zählen zu den Inhaberschuldverschreibungen.
Keine Inhaberschuldverschreibungen sind folgende Formen von Schuldverschreibungen: Bei Sparkassenobligationen handelt es sich um sogenannte Orderschuldverschreibungen – eine Sonderform der Anleihe, die zwar auf den Namen eines bestimmten Gläubigers ausgestellt ist, diesem und späteren Käufern jedoch die Übertragung auf andere gestattet. Sparbriefe und Sparkassenbriefe hingegen werden überwiegend als Namensschuldverschreibungen emittiert, während Pfandbriefe sowohl als Inhaber-, Namens- und Orderschuldverschreibungen ausgegeben werden können.
Welche Vorteile haben Inhaberschuldverschreibungen für Anleger?
Einem Unternehmen Geld leihen und nach der vereinbarten Laufzeit mit Verzinsung zurückerhalten, den Kurs einer Aktie mit einem Hebel von z.B. 10 nachvollziehen oder in Rohstoffe wie Kaffee oder Rohöl investieren: Mit Inhaberschuldverschreibungen ist dies für jeden Anleger möglich, und zwar an der Börse, ebenso liquide und transparent wie Aktien oder ETFs. Bestimmte Inhaberschuldverschreibungen gelten als sehr sichere Investitionsformen, so z.B. deutsche Bundesanleihen. Auch Staatsanleihen zahlreicher Industrienationen und viele Unternehmensanleihen werden allgemein als vergleichsweise sichere Investitionen angesehen. Ausschlaggebend hierfür ist jedoch keineswegs die Tatsache, dass es sich um Inhaberschuldverschreibungen handelt, sondern vielmehr die Bonität des jeweiligen Emittenten – ganz gleich ob Staat oder Unternehmen. Deshalb sollten Anleger sich vor der Kaufentscheidung genau über die Bonität des Unternehmens informieren, das Gleiche gilt bei Staatsanleihen, besonders von Schwellenländern. Die Höhe der Verzinsung ist grundsätzlich jedoch ein guter Indikator für die Bonität des Schuldners und damit für das Anlagerisiko: Je höher der Zins, desto größer das Emittentenrisiko. Inhaberschuldverschreibungen können nämlich durchaus auch hochriskante Anlagen sein, wie z.B. Turbozertifikate, die Kursänderungen der zugrundeliegenden Aktie oder eines anderen Wertpapiers mit einem Hebel von beispielsweise 10 versehen, der die Auswirkungen von Kursänderungen verzehnfacht. Dies führt bei steigendem Kurs zu überproportionalen Gewinnen, allerdings verzehnfacht sich auch das Verlustrisiko.
Welche Nachteile haben Inhaberschuldverschreibungen?
Nicht wenige Anleger, auch in Europa, erinnern sich noch mit Grauen an die Finanzkrise vor etwas mehr als zehn Jahren und die Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers. Investoren machten insgesamt mehr als eine Milliarde Euro Verlust. Verantwortlich waren nicht bzw. nicht ausreichend abgesicherte Inhaberschuldverschreibungen – in diesem speziellen Fall Zertifikate. Das sogenannte Emittentenrisiko war bittere Realität geworden. Dieses Risiko besteht, weil Emittenten zahlungsunfähig werden können und Inhaberschuldverschreibungen nicht von einer Einlagensicherung gedeckt werden. In diesem Fall können Anleger ihr gesamtes eingesetztes Kapital verlieren. Die meisten Emittenten sichern ihre Inhaberschuldverschreibungen deshalb selbst ab, z.B. durch die Hinterlegung mit physischen Werten oder durch Swapgeschäfte. Allerdings werden unterschiedlichste Formen der Absicherung verwendet, und nicht jede davon kann Anleger im Ernstfall tatsächlich zu 100 Prozent schützen. Ein weiteres Risiko besteht bei Inhaberschuldverschreibungen mit variabler, z.B. an Leitzinsen orientierter Verzinsung, wenn sich diese anders entwickeln als erwartet. Dann bekommen Anleger hier möglicherweise nur ihr eingesetztes Geld ohne Verzinsung zurück.
Inhaberschuldverschreibungen in der Praxis: Xetra-Gold
Der ETC Xetra-Gold ist eine Inhaberschuldverschreibung ohne Laufzeitbegrenzung. Ein Xetra-Gold-Anteil (eine Schuldverschreibung) entspricht einem Gramm Gold der Feinheit 999,9, erworben zu Großhandelspreisen. Dies gibt Anlegern zum einen die Möglichkeit, Gold flexibel und transparent an der Börse zu handeln. Zum anderen bietet Xetra-Gold Kosteneffizienz: Anleger profitieren von deutlich niedrigeren Handelsspannen als beim Kauf bzw. Verkauf von physischem Gold und sparen außerdem Aufwand und Kosten für die Lagerung ihrer Goldinvestments. Der Nachteil liegt im für Inhaberschuldverschreibungen typischen Emittentenrisiko. Um dieses Risiko zu reduzieren, hat die Emittentin Deutsche Börse Commodities jeden im Umlauf befindlichen Xetra-Gold-Anteil mit der entsprechenden Menge physischen Goldes hinterlegt, das sicher verwahrt wird. Und genau wie physisches Gold bietet auch Xetra-Gold keine Verzinsung, verbrieft jedoch das Recht auf jederzeitige Auslieferung von Goldbarren in Höhe der Xetra-Gold-Investition, die der Anleger hält.
Für wen eignen sich Inhaberschuldverschreibungen?
Die Bandbreite an Inhaberschuldverschreibungen ist enorm: Während sich Staatsanleihen von Industrieländern und ausgewählte Anleihen großer Unternehmen zur Absicherung eines Anlegerportfolios eignen, dienen deutlich riskantere Inhaberschuldverschreibungen in Form von Zertifikaten und ETCs, aber auch Schwellenländeranleihen und High-Yield Bonds als potenzielle Renditebringer im Depot. Je nach Ausgestaltung kann sich diese Anlageform also für konservative Anleger eignen, aber eben auch für risikofreudigere Investoren. Eines sollten Anleger – ganz gleich welcher Couleur – jedoch unbedingt beachten: Bei Inhaberschuldverschreibungen besteht ein Emittentenrisiko. Vor der Kaufentscheidung sollte daher immer die Bonität des Emittenten sowie die Art der Inhaberschuldverschreibung kritisch geprüft werden.
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