Der Solidus: Der „Euro des Mittelalters“

Die Zahl des Monats Oktober: 309 n. Chr.

Erfahren Sie von Markus Koch mehr über die erfolgreichste Leitwährung Europas: Den Solidus.

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309 n. Chr.

Als der römische Kaiser Flavius Valerius Constantinus, besser bekannt als Konstantin der Große, die Goldmünze Solidus einführte, vollbrachte er etwas, das zuvor noch keinem anderen gelungen war. War er der Erste, der eine in Größe und Reinheit standardisierte Goldmünze einführte? Nein, diese Ehre gebührt dem lydischen König Krösus, dem dies bereits viel früher, nämlich um 560 v. Chr. gelungen war. Galt der Soldius vielleicht weit über die Grenzen des Römischen Reichs hinaus als eine frühe Form der Leitwährung? Auch hier war ein anderer schneller: Der bereits seit 82 v. Chr. im Umlauf befindliche Aureus wurde 27 n. Chr. vom ersten römischen Kaiser, Augustus, zur Gold-Standardwährung erklärt. Nichtsdestotrotz gelang Konstantin dem Großen im Jahr 309 n. Chr. etwas Einmaliges: Der von ihm eingeführte Solidus sollte bis zum Jahr 1453 n. Chr. im Umlauf bleiben – und damit mehr als 1.000 Jahre als offizielles Zahlungsmittel dienen.

Die Goldmünze Solidus – der „Euro des Mittelalters“

Ausgerechnet in der heute beschaulichen Universitätsstadt Trier erblickte der Solidus das Licht der Welt. Mit einem Durchmesser von rund 20 Millimetern und einem Gewicht von lediglich 4,5 Gramm passte die Goldmünze in jede Tasche, war als sogenannte Kurantmünze gleichzeitig aber auch sehr wertvoll. Der Feingoldgehalt bestimmte die Kaufkraft des Solidus, von dem im 5. und 6. Jahrhundert n. Chr. noch 4 bis 5 Münzen reichten, um den Jahressold eines römischen Soldaten zu bestreiten. Der Solidus war als Nachfolger des Aureus konzipiert und sollte dessen Nachteile umgehen, denn der Aureus verlor bei seinen späteren Prägungen ab dem 3. Jahrhundert fortwährend an Feingoldgehalt und damit an Wert. Nachdem die beiden Goldmünzensorten eine Weile nebeneinander zirkulierten, wurde der Solidus in seiner Eigenschaft als „zuverlässigerer Aureus“ ab 324 die allgemeingültige Goldmünze des Römischen Reichs und avancierte binnen weniger Jahre zur Leitwährung in ganz Europa und den angrenzenden Mittelmeerstaaten. Daran sollte sich bis zum frühen 12. Jahrhundert nichts ändern. Ab dem 11 Jahrhundert litt der Wert und damit die Bedeutung des Solidus unter der gleichen „Krankheit“ wie sein Vorgänger: Neugeprägte Münzen enthielten immer weniger Gold. Der Solidus verlor seine Vormachtstellung und wurde nach verschiedenen Reformversuchen unter weiteren Namen wie Histamenon, Tetarteron und zuletzt Hyperpyron mit der Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen abgeschafft. Die Funktion von Gold als Stabilitätsanker in länderübergreifenden Währungssystemen endete damit jedoch keineswegs.

Vom klassischen Goldstandard zum Bretton-Woods-System

Nachdem viele Länder bereits auf nationaler Ebene Gold als Schutz gegen die Abwertung ihrer Währungen einsetzten, war spätestens ab 1870 der klassische Goldstandard das vorherrschende Währungssystem, bei dem alle teilnehmenden Staaten unter der Führung des damals weltwirtschaftlich dominierenden britischen Empire ihre nationalen Währungen mit Gold hinterlegten – und dies zu einem fixen Wechselkurs. Das führte wiederum dazu, dass die Paritäten der Währungen untereinander ebenfalls fixiert wurden. Außerdem bedingte die Absicherung jeder Währung mit Gold eine national sehr restriktive Geldpolitik, die nur solange funktionierte, wie keine größere Geldmengenausweitung nötig wurde. Genau dies geschah jedoch mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs.

Nachdem verschiedene Versuche einiger Staaten, den Goldstandard erneut zu etablieren, nicht den gewünschten Erfolg hatten und spätestens mit der Weltwirtschaftskrise – beginnend mit dem New Yorker Börsencrash im Oktober 1929 – als gescheitert betrachtet wurden, entwickelten die USA bis 1944 das sogenannte Bretton-Woods-System, eine ebenfalls auf der Stabilität des Goldes basierende Weltwährungsarchitektur, diesmal mit dem inzwischen dominierenden US-Dollar als Leitwährung, der das Pfund Sterling ablöste. Die Paritäten der einzelnen Währungen der zunächst 44 Teilnehmerstaaten wurden gegenüber der US-Währung festgelegt, die selbst wiederum gegenüber einer Unze Gold zu einem Kurs von 35 US$ fixiert wurde. Obwohl deutlich flexibler als der klassische Goldstandard, krankte auch das Bretton-Woods-System an der Unmöglichkeit, große Geldmengenausweitungen mit Gold ausreichend abzusichern. 1976 endete das System offiziell. 

Bis heute allerdings halten die meisten Staaten Goldreserven als Bestandteil ihrer Fremdwährungsreserven zur Sicherung ihrer Zahlungsfähigkeit. Bei einigen Nationen – wie z. B. den USA mit 78 Prozent, Deutschland mit 75 Prozent, Italien mit 69,5 Prozent und Frankreich mit 65,1 Prozent – machen sie sogar den Großteil der gesamten Reserven aus.

Arnulf Hinkel
Finanzjournalist

Angaben zu Goldreserven: Stand Juni 2021, Quelle: World Gold Council

 

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