Weshalb die Zentralbanken verstärkt Gold kaufen
Aktuelles Arnulf Hinkel, Finanzjournalist – 17.10.2018
193,3 Tonnen Gold haben Zentralbanken weltweit im ersten Halbjahr 2018 zugekauft – ein Plus von 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dies macht 10 Prozent der gesamten Goldnachfrage aus und markiert das stärkste erste Halbjahr für Zentralbankgold seit 2015. Rund 10 Prozent aller Währungsreserven weltweit bestehen nun aus Goldbarren. Die größten Zukäufe seit Anfang 2017 machten Russland mit 383,3 Tonnen und die Türkei mit 125,8 Tonnen Gold. Während die Türkei damit auf die anhaltende Lira-Schwäche reagiert, setzt Russland mit den Goldzukäufen seine Strategie fort, von den USA möglichst unabhängig zu werden und sich vor den Auswirkungen möglicher US-Sanktionen zu schützen. Es gibt jedoch auch Gründe für mittelfristige wie auch langfristige Erhöhungen der Goldreserven, die für alle Zentralbanken gleichermaßen von Bedeutung sein dürften.
Schutz vor Fremdwährungsrisiken und Ausbalancierung der Reserven
Gerade aufstrebende Volkswirtschaften sind im hohen Maße vom US-Dollar abhängig. Gold ist aufgrund seiner negativen Korrelation zur amerikanischen Währung ein effektives Absicherungsinstrument – auch gegenüber anderen bedeutenden Währungen wie beispielsweise dem Renminbi. Außerdem haben nach der Finanzkrise viele Schwellenländer ihre Fremdwährungsreserven ausgebaut. Zurzeit balancieren deren Zentralbanken ihre Finanzallokationen wieder zugunsten von Gold aus.
Perspektivischer Übergang zu einem multipolaren Geldsystem
Das Nachfrageverhalten der Zentralbanken dürfte nach Ansicht des World Gold Council langfristig auch durch die Ablösung des US-Dollar durch ein multipolares Geldsystem in den nächsten Jahrzehnten beeinflusst werden. Diese Entwicklung würde langfristig auch zu einer Multiwährungsreservepolitik der Zentralbanken führen, bei deren Umsetzung Risiken und Unsicherheiten durch die verstärkte Absicherung mit Gold reduziert werden könnten. Nicht umsonst gilt das Edelmetall bereits seit Jahrtausenden als besonders harte Währung.