Gold auf Achterbahnfahrt
Marktkommentar Michael Blumenroth – 28.02.2020
Wöchentlicher Marktbericht
Diese Woche wird vielen Marktteilnehmern in teils guter, teils schlechter Erinnerung bleiben. Stand jetzt wäre es für die Aktienmärkte die schlechteste Woche seit der Finanzkrise 2008. Es bleibt abzuwarten, wie sich das bis heute Abend entwickelt.
Für Gold war die Woche bis dato eher ambivalent: Einerseits gab es neue Siebenjahreshochs für den Goldpreis in US-Dollar und neue Allzeithochs für Gold gegen Euro und viele andere Währungen; andererseits notiert der Goldpreis aktuell deutlich unter den am Montag erzielten Höchstständen.
Warum ist der Goldpreis gestiegen?
Das verdanken wir natürlich dem weltweiten Vormarsch des Coronavirus und den daraus folgenden Auswirkungen auf andere Märkte. Es ist naheliegend dass Gold als sicherer Hafen par Excellence in der bald abgelaufenen Woche nachgefragt wurde. Insbesondere da die Aktienmärkte sich nach der Rekordjagd der Vorwochen in dieser Woche stramm auf Talfahrt begeben haben und nun vor dem größten Wochenverlust seit 2008 stehen könnten – heute Abend wissen wir mehr. Neben Gold profitierten vor allem der Yen und Staatsanleihen bester Bonität von der Flucht in vermeintlich sichere Anlagen. Die Renditen (Marktzinsen) zehnjähriger US-Staatsanleihen fielen auf Rekordtiefs von aktuellen 1,17 Prozent, diejenige 30-jähriger US-Staatsanleihen auf Rekordtiefs von 1,68 Prozent. Zu Jahresanfang wäre diese Entwicklung undenkbar gewesen. Gleichzeitig setzen immer mehr Marktteilnehmer auf massive Zinssenkungen der Zentralbanken weltweit, insbesondere auch der US-Notenbank Fed. Wurde zu Jahresbeginn keine einzige Zinssenkung der Fed bis zum Jahresende erwartet, so sind es heute Morgen drei Zinssenkungen mit knapp 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit. Sogar mindestens drei! Auch für fast alle anderen großen Industrieländer werden Zinssenkungen erwartet. Je niedriger die Marktzinsen, desto mehr profitiert natürlich der zinsfreie Goldpreis.
Warum ist der Goldpreis in den letzten Tagen in sehr schwankungsanfälligem Handel eher gesunken?
Das hängt damit zusammen, dass Marktteilnehmer in Zeiten, in denen an den Börsen im Panikmodus gehandelt wird, dazu tendieren, alle Positionen zu schließen, um nur noch ‚Cash‘ zu halten, also Kontoguthaben. Hier wurden beim Gold sicherlich Gewinne mitgenommen.
Zudem scheinen große Positionen an den Aktien- und Aktienindizes-Terminmärkten in die Verlustzone gerutscht zu sein. Dies kann zu sogenannten ‚Margin Calls‘, also Nachschusspflichten, führen. Um die dafür nötigen Geldbeträge aufzutreiben, werden Positionen in der Gewinnzone verkauft. So scheinbar auch Gold-Positionen. Dazu passt, dass an den Options- und Terminmärkten und an Gold-ETFs neue Rekordpositionen aufgebaut worden waren, die vielleicht nun partiell verkauft wurden.
Gold in US-Dollar im Wochenvergleich leicht schwächer
Gold wird im direkten Wochenvergleich heute Morgen nach all dem Auf und Ab nun in US-Dollar betrachtet ungefähr da gehandelt wo es schon in der vergangenen Woche stand. Da wurde das Gold nämlich bereits um die Marke von 1.635 US$/Unze umgesetzt. Nachdem es am Wochenende zum ersten Auftreten des Coronavirus in Italien kam, drückten die Märkte Montagnacht den Panikknopf, wovon der Goldpreis profitierte. Er sprang am Montagvormittag auf ein neues Siebenjahreshoch von 1.689 US$/Unze. Schon am Abend ging es aber retour bis auf 1.650 US$/Unze (Gewinnmitnahmen? Margin Calls?). Bis heute Morgen ging das Gold dann auf eine Achterbahnfahrt, die es bis auf das Wochentief bei 1.620 US$/Unze führte. Aktuell handelt das edelste aller Metalle um die 1.630 $/Unze.
Euro-Renaissance lastet auf Goldpreis
Schließungen gab es auch bei Positionen in Euro gegen US-Dollar. Der Euro handelte Tag für Tag stärker und stieg bis auf 1,1050 €/US$ heute Morgen. Dies hatte natürlich auch Einfluss auf den Goldkurs gegen Euro. Dieser stieg noch am Montag auf ein Allzeithoch bei 1.561 €/Unze, notiert aber heute Morgen auch wegen des 2,5 Prozent teureren Euro bei 1.476 €/Unze.
Der Preis von Xetra-Gold stieg während der üblichen Handelszeiten von 48,75 €/Gramm am vergangenen Freitagmorgen auf 50,20 €/Gramm am Montagvormittag. Seitdem ging es dann aber bergab bis auf 47,50 €/Gramm heute Morgen – was wie erwähnt hauptsächlich der Renaissance des Euro geschuldet ist.
Momentan würde ich mich schwer tun, für irgendeinen Markt eine valide Prognose über einen längeren Zeitraum als einen Tag auszusprechen. Im Allgemeinen ist die Marktmeinung jedoch, dass Gold als sicherer Hafen in naher Zukunft weiterhin seine Berechtigung haben sollte, insbesondere falls die Aktienmärkte weiter unter Druck bleiben und falls sich die konjunkturellen Aussichten, besonders für die USA, weiter verschlechtern.
Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich ein erholsames Wochenende.