Gegenwind für Gold
Marktkommentar Michael Blumenroth – 19.05.2023
Wöchentlicher Marktbericht

Lange hielt sich der Goldpreis tapfer. Aber je länger die Woche voranschritt, desto mehr Gegenwind bekam er zu spüren. In den vergangenen Wochen dürfte ein Teil der Anleger auch deshalb herzhaft beim Gold zugegriffen haben, um sich gegen mögliche Rückschläge an den Aktienmärkten abzusichern, die infolge der andauernden Streitigkeiten zwischen den US-Parteien um den Umgang mit der Schuldenobergrenze für möglich gehalten wurden.
USA: Fortschritte bei Verhandlungen über Schuldengrenze?
Laut US-Finanzministerin Janet Yellen könnte schließlich im Juni den USA das Geld ausgehen, falls die Grenze, bis zu der die Aufnahme neuer Schulden erlaubt ist, nicht zeitnah nach oben verschoben würde. Hatten sich die Parteien in der vergangenen Woche noch ziemlich mit ihren unterschiedlichen Positionen verhakt, so wurden die Töne im Wochenverlauf immer konzilianter. Gestern sagte der Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, dass die Verhandlungsführer über die Bundesschuldenobergrenze bereits an diesem Wochenende eine grundsätzliche Einigung erzielen könnten. Gold würde in diesem Fall aus Sicht einiger Investoren als „sicherer Hafen“ nicht mehr so dringend benötigt werden.
US-Anleihen im Fokus
Weiteren Gegenwind blies dem edlen Metall von den Anleihemärkten ins Gesicht: Dort stiegen die Renditen von Staatsanleihen deutlich, nachdem mehrere Mitglieder der US-Notenbank Fed eine Zinserhöhung im Juni für eher wahrscheinlich hielten. Diese war noch vergangene Woche an den Terminmärkten völlig ausgepreist worden, wird nun aber wieder mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 35 Prozent eingepreist. Daraufhin stieg die Rendite zweijähriger US-Anleihen von 3,90 Prozent am vergangenen Freitag auf aktuelle 4,25 Prozent. Höhere Kapitalmarktzinsen wirken an und für sich dämpfend auf den Goldpreis. Hinzu kommt, dass diese auch einen deutlich ansteigenden Kurs des US-Dollars zur Folge hatten. Beides zusammengenommen verstärkte den Druck auf die Goldpreise.
Gold fällt unter 2.000 US$ pro Unze
Notierte Gold am Freitagmorgen vergangener Woche morgens noch bei 2.010 US$ pro Unze, konnte es die 2.000 US$-Marke noch bis zum späten Dienstagnachmittag verteidigen. Im weiteren Verlauf dieser Woche geriet es dann jedoch aus oben genannten Gründen unter starken Druck, und gab insbesondere gestern Nachmittag nach, und zwar bis auf ein Tief bei 1.952 US$ pro Unze. Heute Morgen um 8 Uhr notiert es etwas fester bei rund 1.962.
Der Xetra-Gold-Preis hielt sich aufgrund des schwächeren Euros erneut etwas besser. Während der üblichen Handelszeiten handelte Xetra-Gold vergangene Woche am Freitagmorgen noch bei 59,15 € pro Gramm, und stieg dann am Montag auf ein Wochenhoch bei 59,75. Auch hier ging es dann aber abwärts, und zwar bis auf 58,30 gestern Nachmittag. Es dürfte heute Morgen bei rund 58,60 in den Handel starten.
Falls tatsächlich das Thema „US-Schuldenobergrenze“ in den kommenden Tagen abgeräumt werden wird, dürften sich die Märkte wieder mehr auf Konjunkturdaten und Äußerungen von Notenbank-Vertretern, bzw. die weitere Entwicklung der Kapitalmarktzinsen und des US-Dollars fokussieren. Insbesondere der US-Dollar scheint momentan wieder stark nachgefragt zu werden.
Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich ein schönes, auch mal etwas wärmeres Wochenende.